“Wickie auf großer Fahrt”

Der Volvo EX30 erweitert das Modellportfolio der schwedischen Premium-Automobilmarke nach unten. (Bild: dre)

EX30 heißt der neue Volvo, der letztes Jahr als Kompakt-SUV in Mailand seine Weltpremiere feierte. Der schwedische Hersteller erweitere damit sein Modellportfolio nach unten, steht in der Pressemitteilung, das ist für den potenziellen E-Auto-Käufer jedoch unbedingt positiv. Denn hier dringt Volvo in einen Käuferkreis vor, der ansonsten Richtung Opel e-Corsa & Co. schielen würde.

Dabei liegt der EX30 im Grundpreis zwischen e-Corsa und e-Mokka, hat aber mit 200 kW Maximalleistung deutlich mehr unter der Haube – bei gleicher Batteriekapazität in der Basisversion und fast identischer Reichweite. Der für Volvo niedrige Preis erfordert allerdings Zugeständnisse: so gibt es im Cockpit kein Fahrer-Dashboard oder gar Head-up Display, sondern nur noch ein mittig angeordnetes „Tablet“. Knöpfe gibt’s quasi gar keine, nur die Tasten am Lenkrad und die Fensterheber an der Mittelarmlehne. Für alles andere muss man sich im Tablet durch die Menüs klicken, so auch die Einstellung der Außenspiegel. Radio, Lüftung oder Sitzheizung sind direkt von der „Homepage“ aus erreichbar. Für R–N-D–P gibt’s den rechten Wählhebel, Scheibenwischer und Fernlicht und Blinker sind am linken Lenkradhebel.

Bei Frühlingstemperaturen gehen wir mit „Wickie“ auf große Fahrt – von der Quadratestadt bei 97 % Ladestand auf die A6 Richtung Heilbronn. Zwischen Mannheim und dem Walldorf Kreuz geht’s gemütlich mit 120 Geschwindigkeitsbegrenzung entlang, Tempomat, aktive Abstandsregelung und Spurhalteassistent bescheren ein entspanntes Fahren. Allerdings müssen die Hände am Lenkrad bleiben, beim „Vier-Finger-Fahren“ ertönt alsbald ein Warnsignal. Überhaupt: da die einzige Geschwindigkeitsanzeige auf dem Tablet abgebildet wird, auf das man als Fahrer nicht ständig schauen sollte, kommt man schnell mal etwas über das jeweilige Tempolimit, was das Fahrzeug unerbittlich und ohne jede Toleranz mit viermaligem Piepen quittiert, das ist auf Dauer etwas nervig.

Nach Sinsheim dann ist vorübergehend Schluss mit 120 und der EX30 kann zeigen, was er drauf hat. Laut Datenblatt schafft er die Null-auf-Hundert in unter sechs Sekunden, und das erscheint glaubwürdig, denn von 120 geht es zügig bis auf jenseits der 170. Sehr zum Unmut des Hintermanns, der meint in der Geschwindigkeitsbegrenzung nerven zu müssen, dann aber erstmal nicht hinterher kommt.

Bei Bad Rappenau geht es runter von der A6 mit Ziel Bad Wimpfen. In der Reichsstadt ist bald ein kostenfreier Parkplatz ausgemacht. Trotz ungünstig aufgestellter Straßenleuchte am Stellplatzrand ist das Einparken kein Problem dank 360°-Kamerasystem. Nach einem Rundgang durch die Altstadt und die Stauferpfalz geht es zur B37 und auf der rechten Neckarseite gen Heidelberg. Nach einem Abstecher über Mosbach ist die nächste Etappe das hessische Hirschhorn.

Das dortige Schloss, die südlichste Sehenswürdigkeit der Hessischen Schlösserverwaltung, befindet sich auf einem nach Süden weisenden Sporn des Stöckbergs unmittelbar oberhalb der Altstadt. Sie liegt auf rund 200 Meter über Normalnull, von einer „Bergprüfung“ kann also nicht wirklich eine Rede sein. Die lang gezogene Auffahrt vom Finkenbachtal aus entlockt dem Volvo nicht mal ein Schnaufen. Gleichsam tut sich auch kaum etwas auf der Reichweitenuhr bei der kurzen Rekuperationsphase bei der folgenden Talfahrt. Und die lässt während der Fahrt eigentlich keine Wünsche offen: der Volvo verzögert beim Lupfen des Gaspedals ähnlich stark wie der BMW i3 – echtes 1-Pedal-Fahren ist also möglich bei entsprechend vorausschauender Fahrweise.

Zurück geht’s nach Baden-Württemberg, weiter auf der Bundesstraße durch’s Neckartal. Mit Tempomat und Abstands-Assistent geht das Fahren im Pulk quasi von alleine, so lange sich der Vordermann an die Geschwindigkeitsbegrenzung hält oder die Route nicht über einen Verkehrskreisel oder eine rote Ampel führt.

Zurück am Ziel in der Rhein-Ebene stehen knapp 185 km auf dem Odometer – und ein Batteriestand von 53 %, entsprechend einer kalkulierten Restreichweite von 180 km. Reichweitenangst kommt hier keine auf. Somit empfiehlt sich der Volvo auch für gelegentliche Langstrecken und Urlaubsfahrten.

Das Kofferraumvolumen ist dabei allerdings überschaubar. Es liegt mit 318 Litern zwar knapp über dem Mokka und deutlich über dem Corsa, aber freilich deutlich unter dem zuletzt getesteten bZ4X. Der Volvo kommt mit Maßen von 4,23 mal 1,84 Metern (ohne Außenspiegel) aber auch eine ganze Ecke kompakter daher als der Toyota – und liegt im Basispreis rund 10.000 Euro niedriger: Bei 38.000 Euro geht’s los, für ein hochwertiges Elektroauto absolut konkurrenzfähig. Somit ist das nächste Abenteuer mit „Wickie“ vielleicht nur eine Frage der Zeit. (dre)

Link: EX30, Volvo Car Germany GmbH, Köln

Bild: Der fünftürige Volvo EX30 erweitert das Modellportfolio der schwedischen Premium-Automobilmarke nach unten. (Bild: dre)

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